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2) Die Wasserqualität des Bodensees

Fakten

[In der Rubrik 'Fakten' werden Aussagen, Präsentationen und Grafiken der Experten gesammelt und weitere Quellen (Gutachten, Studien...) bereitgestellt]


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Argumente

[In der Rubrik 'Argumente' sind die Aussagen von Teilnehmnden des Dialogforums gesammelt. Dies sind die Probleme, Lösungen, Bedenken und Informationen, die die Teilnehmenden während der Veranstaltungen geäußert oder selbst in das Wiki eingestellt haben]

Probleme

  • Die Wasserverschmutzung gab es in den 70ern – das ist heute nicht mehr das Problem.

  • Der Bodensee mutet heute in manchen Augen so an: sauber → steril → leblos.

  • Umweltqualitätsnormen und Grenzwerte sind teilweise zu scharf und übersteigen sogar die „Hintergrundbelastung“.

  • Wärmere Winter sorgen für eine schlechtere Durchmischung der Wasserschichten des Bodensees. Derzeit ist der Sauerstoffgehalt über Grund gut, aber im Gefolge des Klimawandels wird die Durchmischung des Sees schlechter. Dann nimmt der Sauerstoffgehalt über Grund ab. Dieser Prozess wird auch vom Phosphorgehalt beeinflusst.

Lösungsvorschläge

Bedenken

  • Wir diskutieren nur über Fangerträge, aber nicht über den gesamten gewünschten Zustand des Bodensees.

  • Szenarien zum Sauerstoffgehalt über Grund: vergleichbar zu früheren Szenarien zum Waldsterben?

  • Phosphorgehalt – Sauerstoff über Grund – Entwicklung der Felcheneier = kein Zusammenhang mit der Populationsgröße.

  • Die Wasserverschlechterung durch Rücklösungsstoffe am Seegrund kann für das Trinkwasser problematisch werden. Wegen der langfristigen Prozesse (Klimawandel...) sollte man die Reinigungsleistung der Kläranlagen nicht zurückfahren.

Informationen der Teilnehmenden

  • In der Gesetzgebung gilt das Emissionsprinzip.

  • Die EU-Wasserrahmenrichtlinie betrifft das ganze Bodensee-Wassereinzugsgebiet.

  • Der Bodensee ist nicht in einem guten chemischen Zustand. Bestimmte Schadstoffe in Fischen übersteigen die entsprechenden Umweltqualitätsnormen (Quecksilber...). Das liegt allerdings auch an den niedrigen Grenzwerten, unter anderem weil die Analytik verbessert wurde. Das passiert aufgrund der 'Hintergrundeinflüsse' sogar in Hochgebirgsgewässern. Allerdings können Querbeziehungen und Summenwirkungen von der Ökotoxikologie nicht eindeutig durchschaut und bewertet werden.

  • Im Vorarlberger Rheintal ist die Wasserqualität nur mässig, weil der Rhein für die Gesamtmenge der eingeleiteten geklärten Abwässer eine zu geringe Wassermenge hat.

  • Emissionsgrenzwerte für Kläranlagen sind im Bodensee-Wassereinzugsgebiet halb so hoch wie im Rest von Österreich.

  • Vgl. die Jahre 2003 und 2015 – ähnliche Temperaturen, aber große Unterschiede bei den Verhältnissen im See.

  • Schiffsverkehr: Die EU-Sportbootrichtlinie würde eine Lockerung der Grenzwerte für große Bootsmotoren bringen.

  • Wahrgenommene Veränderung im See: In der Tiefe eine höhere Phosphorkonzentration, weniger Durchmischung, das Phosphor ist für Algen nicht verfügbar.

  • Schwankungen beim Sauerstoff über Grund hängen sehr stark von kalten Fallwinden ab (vgl. Studie am Genfer See), der Wind hat einen großen Einfluss.

  • Sauerstoffarmut am Seegrund kann zu Rücklösungsprozessen auf dem Seegrund führen, bei denen verschiedene Stoffe herausgelöst werden (Mangan, Metalle, Phosphat...).

  • Es gibt Langzeitmessungen und Sedimentaufzeichnungen zu Schwermetallen. Ihr Gehalt kann also im Zusammenhang mit den Schwankungen des P-Gehalts dargestellt werden.

  • Die Trinkwasserentnahme findet 10 m über Grund statt. Vergangene Messwerte haben gezeigt, dass bei einem geringeren Gehalt von Sauerstoff über Grund der Gehalt an Arsen im Trinkwasser zugenommen hat.

  • Derzeit werden humantoxikologische Grenzwerte für Arsen im Trinkwasser diskutiert, die in der Größenordnung der heute schon im Bodensee vorkommenden Werte liegen.


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Fragen

[Die Rubrik 'Fragen' zeigt das Ergebnis des ersten Dialogforums, die Frageliste als Grundlage für den Faktencheck. Weitere Fragen wurden von den Teilnehmenden ergänzt]

Wie viel PO4PO4 -P verträgt der Bodensee im Freiwasser bei einem O2-Gehalt von mindestens 4 mg O2O2 am Seegrund? (4 Pkte.)

Wie viel organisch verrottbares Material kommt bei einem Phosphorgehalt von 10-15 mg/m3 auf dem Seegrund an? (1 Pkt.)

Welche Probleme haben vergleichbare Seen (z.B. Comersee, Genfersee u.a.) mit dem Klimawandel/Umwälzungen? (1 Pkt.)

Kann die Einstufung des Bodensee als "Alpensee" revidiert werden? (0 Pkte.)

Weitere Fragen / Ergänzungen / Vertiefungsfragen:

  • Wie hat sich die Biodiversität aufgrund der P-Entwicklung verändert, bzw. hat sich das Phosphat insgesamt hinsichtlich seiner Pflanzenverfügbarkeit verändert?

  • Welche tatsächlichen gewässerschutzrelevante Gefahren bestehen für den Bodensee bei einem Phosphorgehalt zwischen 10- 15 mg/m3?

  • Welche Gewässerschutzrelevanten Faktoren waren in den Jahren 1998 – 2005 schlecht, als der Phosphorgehalt im Bodensee noch zwischen ca. 10-15 mg/m3 lag?

  • Wie wirken sich metallische und andere Substanzen auf den P-Gehalt und die Fangerträge aus? Gibt es dazu Grafiken?

  • Hängt der Gehalt von Sauerstoff über Grund auch von der durchschnittlichen Gewässertiefe ab (vgl. andere Seen: Gardasee, Genfer See...)?

  • Welche Probleme haben vergleichbare Seen z.B. Comersee, Gardesee, Genfersee etc. mit dem vielzitierten Klimawandel, hinsichtlich Ihrer Umwälzung und des Sauerstoffgehaltes in den verschiedenen Gewässerschichten?

  • Wie aussagekräftig / zuverlässig sind die Szenarien / Modellrechnungen zum Klimawandel und seinen Auswirkungen auf den See?

  • Welche Auswirkungen haben 10-15 mg/m3 P (Gesamtphosphat) auf den Sauerstoff über Grund und auf Rücklösungsprozesse mit negativen Auswirkungen auf das Trinkwasser?

  • Wie träge sind diese Prozesse und wie schnell kann man ggf. gegensteuern?

  • Wie sieht das aus für Ptot und PO4-PPO4-P ?

  • Wie sehen die derzeit diskutierten Arsen-Grenzwerte im Vergleich zur 'Hintergrundstrahlung' aus?

  • 2000 wurde der See als 'guter ökologischer Zustand' befunden – wie ist die Wahrnehmung heute? Warum?

  • Der See als CO2-Senke:CO2-Senke: wann funktioniert er am besten?

  • Warum wurde der See als Alpensee eingestuft?

  • Besteht die Möglichkeit und von wem kann die fälschliche Einstufung des Bodensees vom „Voralpensee“ zum "Alpensee" revidiert werden?

  • Welchen Einfluß hat die Kanalisierung des Rheins auf den Zustand des Bodensees?


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Konsensformulierungen

[Als Ergebnis des zweiten und dritten Dialogforums zeigen die Konsensformulierungen, in welchen Punkten die verschiedenen Nutzergruppen des Bodensees übereinstimmen]

Der Zustand des Bodensees generell

2000 wurde der See als 'guter ökologischer Zustand' befunden – wie ist die Wahrnehmung heute? Warum?

Die Wasserqualität im Bodensee ist heute gut. Der Gesamtphosphorgehalt beträgt heute 6-8 mg/m3.

Nach der WRRL ist der See im Hinblick auf die Biokomponenten in gutem Zustand.

Zum chemischen Zustand: Es gibt Umweltqualitätsnormen (z.B. Flammschutzmittel in Fischen), die wir überschreiten. Das ist oft ein Problem ubiquitärer Stoffe.

Zum Zustand der Flachwasserzone: Hier gibt es höhere Konzentrationen von P und Keimen.

2000: Beginn der WRRL: Bewertungsverfahren waren noch nicht ausgearbeitet, derheutige Zustand des Bodensees ist ein andere als 2000.

Auch wenn der P-Gehalt gleich geblieben wäre, wäre der Bodensee im Jahr 2016 nicht mehr derselbe See wie 2000. Aufgrund verschiedener Ursachen (Klimawandel, Neobioten, etc.) haben sich die Rahmenbedingungen geändert, sodass Rückschlüsse nur noch bedingt zutreffen.

Die Einstufung des Bodensees als 'Alpensee'

Warum wurde der See als Alpensee eingestuft?

Kann die Einstufung des Bodensee als "Alpensee" revidiert werden?

Die Einstufung des Bodensees als Seetyp 4 ('geschichteter Alpensee') erfolgte auf der Grundlage von Kriterien, die EU-weit einheitlich angewendet werden. Hauptgrund für die Einstufung sind die alpinen Zuflüsse. Dies entspricht der Einstufung anderer großer See am Alpenrand (Lago Maggiore, Ammersee, Chiemsee) und kann nur Europa-weit abgestimmt geändert werden.

Phosphor generell

Über welche Art von Phosphor sprechen wir? Wie sieht das aus für PtotPtot und PO4-PPO4-P ?

7-8 mg/m3 Gesamtphosphor beinhaltet ungefähr 2 mg/m3 partikulärer Phosphor, 5 mg gelöster P und davon 3-4 mg/m3 Ortophosphat (entscheidend für die Algenproduktion).

Die Trägheit von Veränderungsprozessen

Wie träge sind diese Prozesse und wie schnell kann man ggf. gegensteuern?

Die Halbwertszeit, d.h. die Zeit, in der sich das Wasser des Bodensees zur Hälfte austauscht, beträgt 4,5 Jahre. Dazu kommt, dass sich die Durchmischung in den letzten 8 Jahren durch den Klimawandel nachweislich verschlechtert hat. Die winterliche Durchmischung der Wasserschichten des Bodensees findet derzeit etwa alle 3 Jahre statt.

Aufgrund der Trägheit des Systems Bodensee sind daher jegliche steuernde Eingriffe mit großen Ungewissheiten versehen und müssen – wenn überhaupt - sehr behutsam erfolgen.

Sauerstoff am Seegrund

Sauerstoffkonzentration über Grund

Der Sauerstoffgehalt über Grund ist zentral für die Wasserqualität des Bodensees. Über die aktuellen Sauerstoffverhältnisse am Seegrund haben wir verlässliche Fakten aufgrund von dauerhaft installierten Messgeräten und im Wasser erhobener Daten.

Durch den Klimawandel findet eine schlechtere Durchmischung der Wasserschichten im See statt, wodurch weniger Sauerstoff in die tieferen Wasserschichten eingetragen wird. Selbst bei einem durchschnittlichen Gehalt von aktuell 7-8 mg/m3mg/m3 P verschlechtern sich aufgrund der geringeren Zirkulation die Sauerstoffverhältnisse über Grund, wie aktuelle Messungen zeigen.

Eine Simulation weist darüber hinaus auf die Gefahr hin, dass eine Erhöhung der durchschnittlichen P-Konzentration diese Entwicklung verstärkt. Die Grundannahme besagt, dass eine Erhöhung des durchschnittlichen P-Gehalts zu der Produktion von mehr organischer Masse führt, die letztlich – langfristig gesehen – zum Teil am Seegrund landet. Allerdings erkennen wir nur Trends und wissen noch zu wenig über die Zusammenhänge von Phytoplankton, Zooplankton, Fischbestand usw.