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3c) Abwasserbehandlung und Phosphatmanagement

Fakten

[In der Rubrik 'Fakten' werden Aussagen, Präsentationen und Grafiken der Experten gesammelt und weitere Quellen (Gutachten, Studien...) bereitgestellt]

  • Präsentationsfolien von Michael Eugster, Amt für Umwelt und Energie Kanton St. Gallen am 27.09.2016 im 3. Dialogforum:

       Präsentation M. Eugster zur Abwasserreinigung

Argumente

[In der Rubrik 'Argumente' sind die Aussagen von Teilnehmnden des Dialogforums gesammelt. Dies sind die Probleme, Lösungen, Bedenken und Informationen, die die Teilnehmenden während der Veranstaltungen geäußert oder selbst in das Wiki eingestellt haben]

Probleme

Dazu ein Bericht aus der Thurgauer Zeitung vom 1.10.2016 "ARA-Betriebsleiter lässt Dampf ab"

  • Die Experten-Aussage aus dem dritten Dialogforum, dass die Kosten für die letzten 5% Fällung nicht ermittelt werden könnten, sind aus Sicht der Berufsfischer enttäuschend. Ähnlich der Aussage, wieviel P in den See eingebracht werden müssten, um auf 10-15mg/m3 zu kommen, sollte auch eine Hochrechnung der Kosten für die letzten 5% P-Fällung darstellbar sein.

  • Die Berufsfischer sehen es als großes Problem an, wenn zukünftig der Eintrag des P in den Zuflüssen weiter reduziert wird, denn dann sinkt der stetige langsame Eintrag des P noch stärker und sorgt für weitere Nährstoffknappheit im See. Hochwasserereignisse in der Art von 1999 und 2016 finden selten statt. Die Berufsfischerei benötigt Verbesserungen im „heutigen Alltag des Sees“.

Lösungsvorschläge

  • Wir haben jetzt schon ein Phosphatmanagement über unsere Kläranlagen. Dieses wollen wir verändern.

  • Das Einleiten von geklärtem Abwasser in die höheren Gewässerschichten des Bodensees, wenn vielleicht auch nur in einer oder zwei Anlagen und sicher unter Berücksichtigung der Keimbelastung (UV-/Ozonbehandlung möglich), sollte zumindest weiter diskutiert und in der Praxis untersucht werden.

  • Für die Frage des Phosphormanagements müssen alle Interessengruppen umfassend zusammenarbeiten und die Wechselwirkungen umfassend prüfen.

Bedenken

  • Die Wasserverschlechterung durch Rücklösungsstoffe am Seegrund kann für das Trinkwasser problematisch werden. Wegen der langfristigen Prozesse (Klimawandel...) sollte man die Reinigungsleistung der Kläranlagen nicht zurückfahren.

  • Wenn wir Fischer im Dialogforum mit belastbaren Fakten (nicht Thesen) feststellen, dass unsere Forderungen dem Bodensee schaden, dann ziehen wir sie zurück.

Informationen der Teilnehmenden

  • Emissionsgrenzwerte für Kläranlagen sind im Bodensee-Wassereinzugsgebiet halb so hoch wie im Rest von Österreich.

  • Die kleinere Zahl der Kläranlagen im Wassereinzugsgebiet liegt direkt am See.

  • Aus Gründen des Korrosionsschutzes darf man dem Trinkwasser max. 2 mg/l Phosphor beimischen. Am Bodensee diskutieren wir über 5 – 15 mg/m3.

  • Die Eisenfällung, mit der in Kläranlagen der Phosphor herausgefiltert wird, bindet auch sonstige Schadstoffe, die anthropogen ins Wasser eingebracht wurden.

  • Für die menschliche Gesundheit ist der Wert von 15 mg/m3 P kein Problem – in der Wurst steckt viel mehr. Aber aus Gründen der Wechselwirkungen mit anderen Stoffen im See kann sich die Trinkwasserqualität verschlechtern. Derzeit findet z.B. auf europäischer Ebene eine Diskussion um die Neubewertung von Arsen und deutlich strengere Grenzwerte statt.

Fragen

[Die Rubrik 'Fragen' zeigt das Ergebnis des ersten Dialogforums, die Frageliste als Grundlage für den Faktencheck. Weitere Fragen wurden von den Teilnehmenden ergänzt]

Welche Chancen bzw. Risiken bestehen bei einem Phosphatmanagement (Trinkwasser, Fischerei, Tourismus u.a.)? (8 Pkte)

Wie will man die P-Konzentration erhöhen, ohne die anderen Kompartimente zu belasten? (2 Pkte.)

Wie wirkt sich eine weitere Reduzierung des P-Gehalts der Zuflüsse auf den P-Gehalt im Bodensee aus? (1 Pkt.)

Was kosten die letzten 5% P-Fällung in den Kläranlagen? (1 Pkt.)

Mit welchen Mitteln und um welchen Wert müsste die P-Emission an den Quellen erhöht werden, um auf 15 mg/m3 im See zu kommen? Welche technischen Voraussetzungen wären dazu nötig? (0 Pkte.)

Weitere Fragen / Ergänzungen / Vertiefungsfragen:

  • Was würde bei 10 – 15 mg/m3 P am Seegrund mit dem Sauerstoff passieren? Was war schlecht bei 15 mg/m3 P? Welche Gefahren gehen von einem Phosphorgehalt von 10 -15 mg/m3 aus?

  • Welche Anforderungen hätte der Trinkwasserschutz und die Reinigungsleistung der Kläranlagen zu erfüllen, wenn der P-Gehalt erhöht würde? Welche zusätzlichen Reinigungsmethoden bräuchte es? Welche Kosten würden entstehen? → aber erst beantworten: was passiert bei 15 mg/m3 P?

  • Welche finanziellen Mehrkosten verursachen die letzten 5-8% P-Fällung in den Kläranlagen von 90% auf 95-98% am Bodensee und wieviel Geld könnte damit der einzelne Wassernutzer dabei sparen. Könnte das eingesparte Geld dann nicht für weitere Forschungen hinsichtlich der Gewässerreinigung verwendet werden ?

  • Ist es möglich das aktuell geklärte Abwasser in die höheren Gewässerschichten des Bodensees(nicht im Uferbereich) wo die Wachstumsprozesse stattfinden einzuleiten, um damit im Epilimnion für etwas mehr Nährstoffe zu sorgen, bzw. wie und in welchem Zeitraum könnte das umgesetzt werden.

Konsensformulierungen

[Als Ergebnis des zweiten und dritten Dialogforums zeigen die Konsensformulierungen, in welchen Punkten die verschiedenen Nutzergruppen des Bodensees übereinstimmen]

Was kosten die letzten 5% P-Fällung in den Kläranlagen? Die Kosten für die P-Elimination steigen tendenziell mit der erzielten Eliminationsleistung. Sie variieren jedoch zwischen den einzelnen Kläranlagen sehr stark und werden in erster Linie durch die anlagespezifischen Rahmenbedingungen und weniger durch die geforderte Eliminationsleistung für P geprägt. Eine Umfrage bei sieben Anlagen im Kanton St.Gallen hat Kosten zwischen 0,90 und 2,35 CHF pro Einwohner und Jahr ergeben. Damit verursacht die P-Fällung nur einen kleinen Teil der gesamten Betriebskosten einer Kläranlage.

Eine Berechnung der letzten 5 % P-Fällung wird von den Verantwortlichen nicht als sinnvoll erachtet. Neben dem eher geringen Kostenfaktor spielt vor allem die Tatsache eine Rolle, dass eine optimale P-Fällung für einen stabilen Betrieb der Anlagen und eine funktionierende Flockungsfiltration unabdingbar ist. Das gleiche gilt für weitergehende Reinigungsstufen zur Elimination von Mikroverunreinigungen.

Welche Anforderungen hätte der Trinkwasserschutz und die Reinigungsleistung der Kläranlagen zu erfüllen, wenn der P-Gehalt erhöht würde? Welche zusätzlichen Reinigungsmethoden bräuchte es? Welche Kosten würden entstehen?

Ein P-Gehalt von bis zu 10 mg/m3 im Freiwasser gilt nach jetzigem Kenntnisstand des Gewässerschutzes als tolerierbar. Das Problem ist die Entwicklung des Sauerstoffgehalts über Grund (siehe Pkt. 2e). Infolge der wärmeren Durchschnittstemperaturen verschlechtert sich die Durchmischung des Sees. Dadurch verringert sich der Sauerstoffgehalt in tieferen Wasserschichten. Modellierungen ergeben, dass ein zusätzlicher P-Eintrag diesen Prozess verstärken könnte. Es wird befürchtet, dass die damit einher gehenden Rücklösungsprozesse die Qualität des Trinkwassers beeinträchtigen könnten.

Wie wirkt sich eine weitere Reduzierung des P-Gehalts der Zuflüsse auf den P-Gehalt im Bodensee aus?

Im Gegensatz zur Sichtweise der Berufsfischer besteht unter den gegenwärtigen Bedingungen aus Sicht des Gewässerschutzes keine Notwendigkeit für eine weitere Senkung der Grenzwerte für Phosphoremissionen aus Punktquellen im Einzugsgebiet des Bodensees. Der gesamte Phosphoreintrag aus Kläranlagen im Einzugsgebiet des Bodensees liegt seit über 10 Jahren bei rund 80 Tonnen pro Jahr (74 Tonnen im Jahr 2015). Davon stammen etwa 20 Tonnen pro Jahr aus direkt seeanliegenden Anlagen. Der Phosphor aus den Kläranlagen gilt als bioverfügbar. Hinzu kommen P-Einträge aus Entlastungen und diffusen Abschwemmungen etwa in der gleichen Grössenordnung. Durch Hochwasserereignisse kann kurzzeitig sehr viel Phosphor im Einzugsgebiet ab- und ausgeschwemmt werden, in Spitzenzeiten sogar ein Mehrfaches der P-Fracht aus Abwasserreinigungsanlagen. Insgesamt wird der jährliche Eintrag an bioverfügbarem Phosphor aus dem Einzugsgebiet in den Bodensee auf aktuell rund 160 Tonnen pro Jahr geschätzt.

Ist es derzeit möglich, das aktuell geklärte Abwasser in die höheren Gewässerschichten des Bodensees einzuleiten? (nicht im Uferbereich)

Nur 17 der 213 Anlagen im Einzugsgebiet des Bodensees liegen am Seeufer und leiten ihr Ablaufwasser direkt in den See. Sie sind für etwa 25% der gesamten P-Einträge aus Kläranlagen verantwortlich. Nicht alle dieser seeanliegenden ARA leiten unterhalb von 15 m Wassertiefe ein. Die Kläranlage Altenrhein z.B. leitet das gereinigte Abwasser in den Mündungsbereich des Alten Rheins ein. Die Kläranlage Hofsteig leitet in die Dornbirnerach vor ihrer Mündung in den See ein. Bezüglich der Algenproduktion spielt die Einleittiefe (z.B. 10 oder 25 m) in den nährstoffarmen Bodensee kaum mehr eine Rolle. Auch tiefer eingeleitete Nährstoffe stehen für die Algenproduktion zur Verfügung. Das Abwasser schichtet sich entsprechend seiner Temperatur bzw. Dichte im See ein. Eine oberflächennahe Einleitung darf aufgrund der damit verbundenen Belastung mit Schmutz- und Nährstoffen und mit Keimen nicht in Flachwasserzonen erfolgen und wird aufgrund der möglichen Auswirkungen auf die Badewasserqualität grundsätzlich sehr kritisch beurteilt.

Mit welchen Mitteln und um welchen Wert müsste die P-Emission an den Quellen erhöht werden, um auf 15 mg/m³ im See zu kommen? Welche technischen Voraussetzungen wären dazu nötig?

Für den heute geltenden P-Wert im Freiwasser von 7-8 mg/m3 beträgt der P-Eintrag aus Kläranlagen etwa 80 Tonnen pro Jahr. Für einen P-Wert von 10 bzw. 15 mg/m3 im Freiwasser müsste der P-Eintrag aus Kläranlagen 130 bzw. 240 t / Jahr betragen. Es kann nicht vorausgesagt werden, welche Effekte ein derart erhöhter Eintrag aus Kläranlagen über einen längeren Zeitraum hinweg im See bewirkt. Eine Reduzierung der Reinigungsleistung der Kläranlagen hätte zudem für viele Fließgewässer im Einzugsgebiet unmittelbar negative Folgen. Deren Belastung liegt derzeit zum Teil sogar über den geltenden Grenzwerten.

Wie will man die P-Konzentration erhöhen, ohne die anderen Kompartimente zu belasten?

Durch die Verfahren zur Reduktion des Phosphors im Abwasser (Fällung mit Eisensalzen und in zahlreichen Kläranlagen auch die Flockungsfiltration) werden neben Phosphor auch Schadstoffe aus dem Abwasser entfernt (z.B. Schwermetalle, organische Spurenstoffe). Eine Reduktion der Phosphatfällung würde auch diese Stoffe betreffen.