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4b) Das Stichlingsproblem

Fakten

[In der Rubrik 'Fakten' werden Aussagen, Präsentationen und Grafiken der Experten gesammelt und weitere Quellen (Gutachten, Studien...) bereitgestellt]

Der Stichling in Ufernähe schon recht lange gehäuft vorkommt. In den letzten Jahren, hat sich hauptsächlich die Anzahl der Stichlinge im Freiwasser stark vergrössert.

Es ist wahrscheinlich, dass der Bodensee Stichling sich erst in letzter Zeit so entwickelt hat, dasser er das Freiwasser kolonisieren kann. Stichlinge werden weltweit erforscht, unter anderem um Evolutions-vorgänge besser zu verstehen. Sie sind bekannt dafür, dass sie sich sehr schnell weiterentwickeln und adaptieren können. Ein häufig beschriebenes Phänomen ist die schnelle Divergenz in Bodennah lebende und im Freiwasser lebende Formen. Der Stichling des Obersees sind speziell gross für im Süsswasser lebende Stichlinge und haben einige andere Charakteristiken die den Marinen Formen ähnlich sind. Dies macht Sinn da das Freiwasserhabitat des Bodensees viele Ähnlichkeiten mit dem Marinen Habitat hat. Dazu gehören viele grosse Knochenplatten, langere Stacheln und Nahrungssuche in der Tiefe.

Der Bodensee enthält ein Gemisch von Stichlingen, welche ursprünglich aus diversen Teilen Europa stammen. Dies kommt vor allem durch das aussetzen von Fischen aus privaten Aquarien. Das mischen dieser verschiedenen Stichlingen, gibt der Bodenseepopulation eine hohe genetische und ökologische Variabilität. Dies heisst, es gibt grosse Unterschiede in Körperform und -grösse, Nahrungspräferenzen, und Verhalten. Durch natürliche Selektion werden diese Formen selektioniert, die am Besten den Umweltbedingungen entsprechen. In diesem Fall, waren wahrscheinlich ökologische Vorteile im Freiwasser für die Anpassung der Stichlinge an diese Bedingungen verantwortlich.

Wir wissen nur sehr wenig über die Ökologie des im Freiwasser lebenden Stichlings. Analysen des Mageninhalts von 85, im Rahmen des Project Lacs gefangenen, Stichlingen, zeigte, dass sich sowohl Stichlinge in Bodennähe als auch im Freiwasser hauptsächlich von Zooplankton ernähren (vor allem Daphnia und cyclopoid copepods). Diese vorläufigen Resultate suggerieren, dass die Stichlinge eine ähnliche Nahrung bevorzugen wie die Felchen. Ähnliche Untersuchungen durch Fischereiforschungsstelle Langenargen zeigen die gleichen Ergebnisse.

Geplante Untersuchungen durch PhD-Studien werden hoffentlich mehr informationen an diese Theme liefern.

  • Präsentation Alexander Brinker, Fischereiforschungsstelle Langenargen, zu P-Gehalt, Fangertrag und zum Einfluß von Stichling und Kormoran:

       Brinker_P-Fangertrag-Stichling-Kormoran.pdf

Argumente

[In der Rubrik 'Argumente' sind die Aussagen von Teilnehmnden des Dialogforums gesammelt. Dies sind die Probleme, Lösungen, Bedenken und Informationen, die die Teilnehmenden während der Veranstaltungen geäußert oder selbst in das Wiki eingestellt haben]

Probleme

  • Unbekannte Auswirkungen von Stichlingen / Neozoen (invasive Tierarten). Die Stichlingssituation ist nicht erklärlich. Die Entwicklung der Fangerträge kann nicht mehr zuverlässig dargestellt werden.

  • Project Lac und die Ergebnisse zur Stichlingspopulation: der Bericht zur Situation des Bodensees wurde noch nicht publiziert.

  • Die Situation der Stichlinge hat mit der Nahrungssituation im Bodensee zu tun.

Lösungsvorschläge

Bedenken

  • Es bestehen Zweifel an der im Bodensee vorhandenen Biomasse von Stichlingen (aufgrund der Datenerhebung – nur an 4-5 Tagen befischt) und aufgrund der Methode zur Extrapolation beim 'Project Lac'.

  • Das Stichlingsthema könnte bald wieder an Bedeutung verlieren.

Informationen der Teilnehmenden

  • Die Population der früheren Uferstichlinge ist nicht dieselbe wie die der heute in tieferen Schichten lebenden Stichlinge.

  • Welche Bedeutung hat die Stichlingspopulation in der langfristigen Entwicklung? → Dazu ist eine Untersuchung geplant.

  • Beim 'Project Lac' wurde der Obersee über 7 Wochen in großem Aufwand befischt, um die Fischbiomasse zu ermitteln. Die Ergebnisse wurden mit verschiedenen Methoden korrigiert. Die Interpretation der Daten ist noch Gegenstand der Diskussion, es gibt unterschiedliche Bewertungen der Daten. Deswegen wurde die Studie des Bodensees noch nicht veröffentlicht. Wirt haben aber unzweifelhaft eine historisch betrachtet neue Situation.

Medienberichte

Fragen

[Die Rubrik 'Fragen' zeigt das Ergebnis des ersten Dialogforums, die Frageliste als Grundlage für den Faktencheck. Weitere Fragen wurden von den Teilnehmenden ergänzt]

Weshalb konnten sich die Stichlinge so stark vermehren und bis heute halten? (1 Pkt.)

Weshalb sehen wir die Stichlinge nicht im Uferbereich laichen? (0 Pkte.)

Weitere Fragen / Ergänzungen / Vertiefungsfragen:

  • Welche Einflußfaktoren wirken auf die Stichlingspopulation?

  • Welche Auswirkungen haben die Stichlinge / Neozoen?

Konsensformulierungen

[Als Ergebnis des zweiten und dritten Dialogforums zeigen die Konsensformulierungen, in welchen Punkten die verschiedenen Nutzergruppen des Bodensees übereinstimmen]

Welche Auswirkungen haben die Stichlinge / Neozoen?

Die Stichlingssituation ist derzeit wissenschaftlich nicht erklärlich. Stichlinge sind sowohl Fressfeinde als auch Futterkonkurrenten für die Felchen. Felchenlarven haben bisher offensichtlich kein adäquates Verhaltensrepertoire gegen das Fressverhalten der Stichlinge entwickelt. Außerdem haben Stichlinge dieselbe Hauptnahrungsquelle wie die Felchen. Aufgrund ihres massiven Auftretens kann die Entwicklung der Fangerträge nicht mehr zuverlässig vorhergesagt werden.

Welche Einflußfaktoren wirken auf die Stichlingspopulation? Weshalb konnten sich die Stichlinge so stark vermehren und bis heute halten?

Vor dem Projekt Projet Lac wäre diese Stichlingspopulation nicht für möglich gehalten worden und die Wissenschaft hat noch keine Erklärungen dafür. Stichlingspopulationen können sich sehr schnell an neue Umweltbedingungen anpassen. Im Bodensee haben sich die Stichlinge so entwickelt, dass sie das Freiwasser besiedeln können, sie sind bspw. größer als vergleichbare Stichlingspopulationen in anderen Seen. Für die weitere Entwicklung der Stichlingspopulation im Bodensee gibt es einige Hypothesen, dazu besteht noch Forschungsbedarf. Wichtige Untersuchungsbereiche sind bspw. die Parasitierung und die Entwicklung der Population fischfressender Vögel.

Weshalb sehen wir die Stichlinge nicht im Uferbereich laichen?

Auch dazu gibt es keine abschließenden Antworten. Man sieht die Stichlinge zwar an bestimmten Stellen massenhaft am Ufer laichen, aber sehr unregelmäßig verteilt. Zum Teil gehen sie auch in Zuflüsse. Ein Forschungsprojekt dazu ist angelaufen.